10.02.2018
Alles anzeigenMit Schmieröl zu Weltruhm
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Vor 85 Jahren begann hinter dem Ostbahnhof eine einzigartige Erfolgsgeschichte: Die Unternehmerfamilie Maltz machte die Optimol Ölwerke zum weltweit führenden Hersteller hoch-spezialisierter Schmieröle und Prüftechnik. 1992 verkaufte die Familie die Firma – das Grundstück wurde zum Partyareal. Jetzt soll Gewerbe auf das Optimolgelände ziehen.
Optimolwerke
Von Daniela Schmitt
Wenn Heinrich Norbert Maltz aus dem Fenster seines alten Wohnhauses blickt, wirkt er etwas wehmütig. „Damals waren überall Wiesen. Ich hatte noch freien Blick auf die Piuskirche“, sagt der 83-Jährige. Sein ehemaliges Elternhaus liegt heute mitten in der Stadt, bis vor kurzem gingen jedes Wochenende hunderte Nachtschwärmer daran vorbei – der prägnante gelbe Bau an der Friedenstraße war von 2003 bis Ende vergangenen Jahres der Haupteingang zu den Optimolwerken, dem Partyareal am Ostbahnhof. Von dort aus hatte die Unternehmerfamilie als Produzent von Schmierölen und Prüftechnik jahrzehntelang Einfluss auf die Geschicke der internationalen Automobilbranche genommen. Jetzt mischt sie wieder mit – bei der Konstruktion eines neues Stadtteils.
In der Öffentlichkeit zu stehen, war nie Sache der Familie Maltz. Erpressungs- und Entführungsandrohungen hatten sie verschreckt – die Monopolstellung des Betriebs bei speziellen Hochleistungs-Schmierstoffen rief Neider auf den Plan und weckte Begehrlichkeiten. „Es war ein harter Konkurrenzkampf“ erinnert sich Maltz. Doch schon sein Vater, Firmengründer Heinrich Maltz, war äußerst findig. „Er war eigentlich Drogist. Als er erkannte, dass Erdöl knapp wurde, gründete er 1920 ein Schmierstoffhandelsunternehmen.“ Im Jahr 1932 erwarb der Vater das Grundstück an der Friedenstraße – damals mit eigenem Gleisanschluss – und baute dort seine eigene Produktionsanlage. Die Öle damals, sagt sein Sohn rückblickend, waren aufgrund amerikanischer Normvorgaben alle gleich. „Shell, Esso, sie hatten alle die gleichen Produkte.“ Heinrich Maltz macht sich daran, die Produkte zu verbessern und neue Prüfverfahren einzuführen, 1935 wurde das erste Labor eingerichtet. „Wir haben uns Nischen geschaffen“, sagt der Sohn. „150 bis 250 Patente“ im Bereich Schmierstoffe und Schmierstofftestgeräte stammen aus dem Hause Optimol Ölwerke, sagt der Firmenchef.
Heinrich Norbert Maltz, wie sein Vater vom Erfindergeist getrieben, befasste sich nach seinem Eintritt in die Firma 1958 mit „Schmierproblemen“, einem bis dato stiefmütterlich behandelten Feld. „Reibung und Verschleiß wurden viel zu wenig gelehrt.“ Seine Versuche im Bereich der Tribulogie (Reibungslehre) setzten in den 1970er-Jahren einen Meilenstein in der Firmengeschichte: Das von Optimol patentierte SRV-Testgerät, ein Verschleiß-Testgerät, nutzen die großen Automobilkonzerne noch heute als internationales Standardgerät. Doch auch andere Branchen griffen auf die Erfindungen der Tüftlerstätte am Ostbahnhof zurück: Ein spezielles Fett half der US-Raumfahrtbehörde Nasa dabei, dass sich die Schwenk-arme der Space Shuttles ohne Ruckeln bewegten, Großbäckereien konnten dank eines innovativen Schmierstoffs ihre Förderbänder nun viel länger laufen lassen. Sogar die Mangfallbrücke wurde nach ihrem Bau an ihren richtigen Platz gerutscht – mithilfe der Maltzschen Schmierstoffe.
Zu Spitzenzeiten waren bei der Firma 500 Mitarbeiter angestellt – 150 in München, 350 weltweit, in 54 Auslandsniederlassungen. Die Konzentrate wurden nach geheimen Rezepten hergestellt, produziert wurde vermehrt im Ausland.
Doch mit dem wachsenden Erfolg und aufgrund der Monopolstellung bei speziellen Synthese-Schmiermitteln stieg auch der Druck auf das mittelständische Unternehmen. „Wir wussten, wenn eine Kleinigkeit passiert, kann das Teile einer ganzen Branche zum Erliegen bringen. Das Haftungsrisiko wurde immer größer“, sagt Heinrich Norbert Maltz. Die wachsende Verantwortung, eine Gesetzesänderung, welche die Freigabe der Rezepturen verlangte, und die Sorge vor drohenden Entschädigungszahlungen im Falle von Lieferengpässen ließen die Familie einen weitreichenden Entschluss fassen: 1992 verkaufte Norbert Heinrich Maltz die Firma mit allen Patenten. Das Grundstück an der Frieden-straße blieb im Familienbesitz. „Es war ein großer Schritt. Aber jetzt ist es so. Wir blicken nach vorn.“
Auch die Zukunft birgt große Herausforderungen für Heinrich Norbert Maltz und seine Familie – eine neue Ära bricht an: Gemeinsam mit dem Münchner Projektentwickler Wolfgang Roeck (Wöhr + Bauer) haben der Gründer-Sohn, seine beiden Kinder und sein Enkel große Pläne für das Optimolgelände. Denn das 1,4 Hektar große Grundstück ist Teil des neuen Werksviertels, das im Entstehen ist. Nebenan, wo einst die Kultfabrik war, lässt Pfanni-Erbe Werner Eckart ein neues Wohn-, Arbeits- und Kulturquartier errichten (wir berichteten). Ihre Pläne wollen Maltz und Roeck noch nicht verraten. Nur so viel: Nach Industrie und Party soll jetzt Gewerbe folgen.
Wichtig ist den Partnern, das Areal im städtebaulichen Kontext und im Sinne der Familientradition weiterzuentwickeln. „Die Frage ist, wie man mit dem Spirit, der sich aus der Vergangenheit ergibt, umgeht“, sagt Roeck. Was angesichts der Firmenhistorie nicht überrascht: „Mutig“ und „unkonventionell“ soll die Architektur sein.
Quelle: https://www.ovb-online.de/bayern/schmier…hm-9603109.html