13.12.2018
Alles anzeigenMechaniker zwischen Stahlkappen und Sondermüll
Umwelt- und Arbeitsschutz im Betrieb
Unachtsamkeit, Hektik, fehlender Arbeitsschutz und schon ist ein Finger abgetrennt oder der Mechaniker unter einem umgestürzten Motorrad begraben. Um solche Unfälle und schlimmere zu vermeiden, gibt es Arbeitsschutzregeln. Henning Demke von Motul weiß, welche.
Freitagnachmittag in Würzburg. Draußen machen sich bereits die ersten Menschen auf den wohlverdienten Weg in ihr lang ersehntes Wochenende. In der kleinen Werkstatt im Hinterhof des gelblichen Hauses am Stadtrand stapeln sich Drahtbürsten, Prüflampen, Kerzenschlüssel, Kreuzschlitzschraubendreher in verschiedenen Größen und weiteres Qualitätswerkzeug neben der kleinen Hebebühne aus Blech, auf der das schwarze Motorrad mit den silbernen Felgen thront. Vom Öl bereits schwarz verfärbte Hände drehen den kleinen Deckel des Ausgleichsbehälters auf, in dem die rote Kühlflüssigkeit verwahrt wird. Diese regelmäßig auszutauschen, ist eigentlich eine Kleinigkeit für jeden Mechaniker.
Dirk Zech hat es heute allerdings besonders eilig und schraubt den Deckel des gerade erst vom Kunden abgegebenen noch warmen Fahrzeuges in aller Hektik zu schnell auf. Keine gute Idee. Da der Motor noch auf Betriebstemperatur erhitzt ist, spritzt die rote, heiße Kühlflüssigkeit vor lauter Druck wie Wasser aus einem Springbrunnen aus dem Ausgleichsbehälter direkt in sein Auge. Fluchend taumelt er nach hinten und hält sich sein schmerzendes rechtes Auge, das direkt mit Gereiztheit und dicken Krokodilstränen auf die gesundheitsschädigende Flüssigkeit reagiert. Bei dem Versuch, sein Gleichgewicht wiederzuerlangen rutscht er auch noch auf der kleinen ovalen Lache aus Altöl aus und stößt sich den Kopf an. Halbblind und sich die wachsende Beule am Hinterkopf haltend, schüttet er die Flüssigkeit in das bereits von Motoröl verschmierte Waschbecken. Arbeiten kann er heute wohl nicht mehr. Wie unnötig und ärgerlich. Immerhin hätte das schlichte Tragen einer Schutzbrille den Unfall verhindern können.
Sicherheit geht vor
Gerade Arbeitsplätze wie die von Mechaniker Zech müssen mit einer Schutzbrille versehen sein, berichtet Henning Demke, Leitung der Umweltberatung „Das Grüne Dach“ bei Motul Deutschland auf der Fachtagung »bike und business« in Würzburg. Er stellt zudem klar, dass auch weitere Schutzmaßnahmen von enormer Relevanz sind: So dürfen keine offenen Abfallbehälter, Spraydosen und entzündliche oder sogar explosive Mittel in unmittelbarer Nähe von Gegenständen wie Schleifböcken stehen. Papier, Styropor, Gewerbeabfälle und Kunststofffolien müssen zudem gemäß der Betriebssicherheitsverordnung im Werkstattbereich in geschlossenen feuerverzinkten Metallbehältern mit Deckeln gelagert werden.
Zech hätten diese Sicherheitsvorkehrungen vor dem Besuch beim Arzt gerettet. Gehört der Unfall allerdings bereits der Vergangenheit an und ist nicht mehr zu verhindern, ist vor allem die Erstversorgung vor Ort existenziell. In Deutschland ist die Zahl und Ausbildung der Ersthelfer vom Gesetzgeber fest geregelt. Der Unternehmer hat dafür zu sorgen, dass für die Erste-Hilfe-Leistung bei zwei bis 20 anwesenden Versicherten mindestens ein Ersthelfer und bei mehr als 20 anwesenden Versicherten in Verwaltungs- und Handelsbetrieben fünf Prozent und in sonstigen Betrieben zehn Prozent ausgebildete Ersthelfer zur Verfügung stehen. Auch das Ausrutschen auf dem Altöl hätte verhindert werden können, wäre dieses passend aufbewahrt worden. Denn Altöl muss in dazu zugelassenen Behältern gelagert werden, die je nach Auffangbehälter beispielsweise doppelwandig sind. Altöltanks müssen mit Vollmelder und Leckanzeige sowie Entlüftungsstutzen ausgerüstet sein und je nach Bundesland ungefähr alle fünf Jahre von einem Fachbetrieb geprüft werden.
Saubere Luft am Arbeitsplatz
Zech hilft allerdings die beste Aufbewahrung der Flüssigkeiten nichts, sollte er unter anderen erschwerten Arbeitsbedingungen arbeiten müssen. Genauso wichtig ist daher saubere Luft am Arbeitsplatz. Um diese zu gewährleisten, sind Abgasabsauganlagen zwingend vorgeschrieben. Diese müssen jährlich durch einen Fachbetrieb geprüft und diese Prüfungen in ein entsprechendes Prüfbuch eingetragen werden. „Das Prüfbuch ist nicht ausdrücklich vorgeschrieben, empfiehlt sich jedoch, da die Dokumentation an sich verpflichtend ist. Lose Blätter gehen immerhin schneller verloren“, erklärt Demke mit einem Augenzwinkern.
Immerhin dieses Problem hat der Mechaniker nicht. Führt er sein Prüfbuch doch mit peinlichster Genauigkeit. Statt sich mit diesem zu beschäftigen, steckt er sich noch eine Zigarette an, während er auf seine Frau wartet, die ihn zum Arzt bringen soll. Die halb gerauchte Zigarette schmeißt er unbedacht auf dem Boden, als er draußen Motorengeräusche vernimmt. Die nächste unkluge Entscheidung des Tages. Der in der Nähe stehende Papierkorb fängt Feuer. „Ich komme schon“, ruft sein aufmerksamer Azubi und schleppt den schweren, roten Feuerlöscher aus der hintersten Ecke der Werkstatt herbei um die nächste Katastrophe zu verhindern.
Der Feuerlöscher
Auch für Feuerlöscher bestehen fest geregelte Bestimmungen. Sie sollten an geeigneten Orten wie Fluchtwegen, an Gefahrenschwerpunkten wie Maschinen, Eingängen sowie Ausgängen und in Treppenhäusern angebracht werden. Damit auch kleinere Personen die Löschgeräte ohne Schwierigkeiten aus den Halterungen nehmen können, ist es wichtig, diese nicht höher als 80 bis 120 cm anzubringen. Die Abstände zwischen den jeweiligen Aufstellorten dürfen dabei zwanzig Meter nicht überschreiten. „In Kombination mit Feuerlöchern ist auch die besondere Rolle von Notausgängen zu beachten, die nicht vernachlässigt werden darf“, berichtet Demke an dieser Stelle. Im Notfall können diese Leben retten. Notausgänge müssen mit einem Piktogramm oberhalb der Tür gekennzeichnet sein. Die Kennzeichnung erfolgt oft in Kombination mit einer Notbeleuchtung. Sie müssen jederzeit erreichbar sein und dürfen nicht durch Gegenstände verstellt werden. Gleiches gilt für die Auf- und Abgänge.“ Weiterhin ist es wichtig, den Fluchtweg, also den Weg zum Notausgang, deutlich zu kennzeichnen. Nicht, dass ihn am Ende jemand nicht findet oder sieht“, mahnt Demke.
Umweltbewusstsein in der Werkstatt wächst
Zech hat aber nicht nur die Richtlinien hinsichtlich des Arbeitsschutzes und der richtigen Aufbewahrung nicht bedacht. Als seine Frau völlig verschwitzt und besorgt in der Werkstatt ankommt, um ihn in ein nahe liegendes Krankenhaus zu fahren, sieht sie das ausgegossene Motoröl im Waschbecken und regt sich auf. Umweltbewusstsein spielt nämlich auch in der Werkstatt und anderen Betrieben eine große Rolle und muss beachtet werden. „Wahrscheinlich hast du auch euren Müll nicht getrennt“, schimpft sie und hält eine Rede über kleine Schildkröten die sich aufgrund eines solchen Verhaltens im Meer in Plastik verhaken.
Um die Umwelt zu schonen legen 200 Umweltgesetze, 500 Umweltverordnungen und 500 Verwaltungsvorschriften fest, wie sich Betriebe diesbezüglich verhalten müssen. Darin werden unter anderem Themenbereiche wie die ordnungsgemäße Entsorgung, das Gefahrengut, Abwasser und die Lagerung bestimmter Materialien geregelt. Nach der Standpauke seiner Frau, seinen schmerzenden Auge und der pochenden Beule, die sich mittlerweile so groß wie der Mount Everest anfühlt, ist sich der Mechaniker sicher: Diese ganzen Regeln und Bestimmungen haben schon Hand und Fuß. Ab morgen hält er sich daran, bevor er seine noch verliert.
Unterschätztes Thema: die Arbeitssicherheit
Dieser aus vielen verschiedenen Ereignissen konstruierte Tag wie der von Dirk Zech scheint zugegeben wie ein schlechter Aprilscherz, oder als würde ein Kamerateam ihn heimlich für eine Fernsehserie filmen und einen schrecklichen Tag erleben lassen wollen. Einzeln betrachtet ist jedoch keiner dieser Unfälle unrealistisch. Gerade deswegen ist es umso wichtiger, die Bestimmungen hinsichtlich der Arbeitssicherheit strengstens zu befolgen.
Quelle: https://www.bikeundbusiness.de/mechaniker-zwi…muell-a-784517/