15.05.2019
Alles anzeigenÖKOSYSTEM IN GEFAHR?
Schmierstoffe bei Eugal-Bauarbeiten in die Peene gelangt
STOLPE AN DER PEENE
Der zweite Zwischenfall innerhalb von wenigen Tagen: Bei den Bohrungen für die Eugal-Leitungen ist Schmiermittel ausgetreten und verteilt sich auf Feldern sowie einer nahen Straße. Wie das passieren konnte? Angeblich weiß es keiner.
In einen kleinen Seitenarm der Peene, nur wenige hundert Meter östlich der Gemeinde Stolpe, laufen seit Tagen hunderte Liter Abwasser durch ein Metallrohr. Das Wasser und der Boden ringsum sind inzwischen großflächig, gelblich verschlammt. „Mich haben Bürger informiert, das hier was Komisches ist. Das musste ich mir jetzt ja anschauen”, sagt Bürgermeister Marcel Falk am Mittwoch sichtlich verärgert.
In der Nähe des Seitenarmes will die Firma Gascade die Eugal-Gasleitung unter der Peene durchführen, hier wird in etwa zehn Meter Tiefe mit schwerem Gerät gebohrt. Die Pipeline ist eine Hinterland-Anbindung der neuen Ostsee-Pipeline Nord Stream 2, die in Lubmin bei Greifswald anlandet. Die Bohrköpfe müssen geschmiert werden, das geschieht mit Wasser aus der Peene, dem die Mineralmischung Bentonit beigemengt wird. Diese Mischung wird dann zurück in die Peene geführt. Erst vor wenigen Tagen gab es in Groß Polzin Ärger um eine Pipeline-Baustelle. Laut Arbeitern an der Baustelle in Stolpe habe es bis vor einigen Tagen keine Probleme gegeben, die Bentonitkonzentration im Abwasser sei wesentlich geringer gewesen.
Nicht gefährlich, aber problematisch
Dass die Konzentration so deutlich und so sichtbar ist, kann sich angeblich niemand erklären. Bei Bentonit handelt es sich um ein feines Gestein, bestehend aus verschiedenen Tonmineralien, was auch Dr. Frank Hennicke vom Naturpark Flusslandschaft Peenetal, bestätigt. „Unbehandeltes Bentonit ist nicht schädlich, im Sinne von giftig. Aber dem Fluss werden hier Mineralien beigefügt, er wird sozusagen gedüngt”, erkärt Hennicke. Das könne für das empfindliche Ökosystem im Naturpark problematisch werden. Aktuell drückt der Wind das verschlackte Wasser in den Arm und nicht flussabwärts – noch.
Reemt Bernert, Unternehmenssprecher von Gascade, der Firma, die für den Pipeline-Bau zuständig ist, betont auf Nachfrage die generelle Naturverträglichkeit von Bentonit. Es sei biologisch abbaubar. Das Austreten einer unerwartet hohen Konzentration des Schmiermittels sei durch die Baufirma bereits vor mehreren Tagen ordnungsgemäß an das zuständige Bergamt Stralsund gemeldet worden, so Bernert. Trotzdem wurde weitergebohrt.
Bentonit großflächig ausgetreten
Neben den Wassermengen, die aktuell in die Peene gepumpt werden, tritt das Gestein auch direkt an die Oberfläche. „Durch geologische Besonderheiten kommt es zu einem Kamineffekt. Das Gestein dringt aus dem Bohrloch direkt an die Oberfläche. Neben Sofortmaßnahmen arbeiten wir hier an einer nachhaltigen Lösung”, erläutert Pressesprecher Bernert. Mittlerweile sind große Teile eines angrenzenden Feldes mit dem Bentonit bedeckt, auch ein öffentlicher Weg kann kaum noch befahren werden.
Die Beschwichtigungen des Unternehmens können die Laune des Bürgermeisters jedenfalls nicht heben. Er könne es nicht fassen, dass seine Gemeinde, auf deren Grund die Bauarbeiten stattfinden, nicht informiert wurde. „Alles über unsere Köpfe, dabei waren wir immer gesprächsbereit”, schimpft er. Am Donnerstag wollen Mitarbeiter des Bergamtes Stralsund die Baustelle begutachten.
Auch beim Bau der Nord-Stream-2-Pipeline hatte es einen Umweltskandal im Greifswalder Bodden gegeben, weil beim Verlegen der Rohre Schmierfettklumpen ins Wasser der Ostsee geraten waren. Die Bauherren hatten damals schnell die volle Verantwortung für den Vorfall und die Beseitigung seiner Folgen übernommen.
Quelle: https://www.nordkurier.de/anklam/pipelin…1535506005.html