Kann aber auch einfach falsch sein die Theorie.
Falsch wird sie auch nicht sein. Trägt man die Wahrscheinlichkeit für Ausfälle von technischen Systemen gegenüber der Zeit auf, folgen sie in den meisten Fällen nun einmal dieser Badewannenform. Das ist aber auch nichts außergewöhnliches und lässt sich gut nachvollziehen. Wir kennen den Einfahrverschleiß und wenn Bauteile den Geist aufgeben und übermäßig verschleißen. Das bildet sich natürlich auch in einer Ölanalyse ab. Wo meine Kritik beginnt, ist beim Übertragen aufs einzelne Ölintervall.
Und du siehst selbst, wenn ein Bauteil - hier der Turbolader - einen vorzeitigen Ausfall erleidet, dann verschleißt er schon unabhängig vom Gesamtsystem Motor übermäßig. Wo befinde ich mich dann, zum welchem Zeitpunkt in der Badewanne, wenn die Verlaufsform für jedes einzelne Bauteil gilt.
Jetzt versucht man eben die Form auf ein einziges Ölintervall zu übertragen. Am Anfang stellt sich das Tribosystem vorrangig auf einen neuen Reibpartner ein, aber zum Ende hin haben wir verbrauchte Additive, Oxidation, Nitration, Kraftstoffeintrag, Fremdkörper, (besondere Einsatzbedingungen; Sommer/Winter) usw., was sich dann noch kaum oder in viel geringerem Ausmaß auf den Verschleiß auswirken soll, als die Anfangszeit?
In Wahrheit wird diese schöne Badewannenform wohl eher irgendwie so aussehen:
Für den Verlauf willst du jetzt seriös abschätzen können, wann neues Öl reingekommen ist und der Verschleiß somit maximal gewesen ist? Ich kann das jedenfalls nicht.
Dann würde ich eher meine S-Kurven-Theorie aufstellen, weil meiner Meinung nach alles auf der Welt diesem Verlauf folgt.
Deshalb finde ich die 610er Spülanalyse auch so aufschlussreich. Für mich ist das Zirkonium nämlich ein guter Indikator für die verbleibende Restölmenge.
Der Hinweis von Fresh_Thing bestätigt mich in meiner Annahme. Genau so habe ich ihn eingeschätzt, dass er den Turbo zu Beginn eher vorsichtig eingefahren hat. Spätestens im Motul-Intervall hat er dann aber auch Drehzahl gesehen, wodurch das Einfahren erst vollständig abgeschlossen wurde. Für mich ist Chrom an der Stelle ebenfalls ein guter Indikator. Es liegt über der Nachweisgrenze und ist an der Läuferwelle zu finden. Zusammen mit viel Eisen wird der Einfahrverschleiß ins Motoröl eingetragen.
Das ist bei Turboladern eben häufig zu beobachten (in meiner Welt sogar immer). Zum Ende der Laufzeit - also Anstieg der Badewanne - gesellt sich neben Eisen noch gerne Aluminium ins Öl.
Vertrauliche Daten darf ich dazu leider nicht veröffentlichen, aber auch folgende Grafik verdeutlicht es vielleicht ein Stück weit. (Lediglich den Hinweis des Erstellers, das MoS2 wäre für den starken Eisenabfall verantwortlich, teile ich nicht).
Wir kennen bei der Beurteilung der einzelnen Analysen nur in den seltensten Fällen die FÖA der jeweiligen Abfüllung. Dann kennen wir auch nicht den Startzustand, sondern nur das Ende. Das vergleichen wir im besten Fall mit anderen Enden und anderen Bedingungen und ziehen dann Rückschlüsse, die ich in den meisten Fällen eben für unzulässig erachte. Hoffentlich ist das jetzt hinreichend zum Ausdruck gekommen. Natürlich soll jeder weiterhin seine eigene Abschätzung mit allen teilen und sich seine Meinung bilden. Das kann auch ein Für oder Wider für das jeweilige Öl beinhalten - völlig i.O. Bloß allgemeingültige Schlüsse sind mit Vorsicht zu genießen.
Selbst die Laboratorien lassen uns wissen, dass der Ort, Zeitpunkt und Randbedingungen der Probeentnahme das Ergebnis maßgeblich beeinflussen. Wenn das nicht nach irgendeinem vorher festgelegten Muster erfolgt (Zeit, Temperatur, Menge, etc.), dann sind Schlussfolgerungen auf Basis einzelner PPMs der Verschleißmetalle nicht sehr sinnvoll.
Diese Sachen sind kaum Vergleichbar, aber wir versuchen ja trotzdem Trends zu erkennen.
Das ist auch wirklich sehr ehrenwert von dir, aber ich sehe schon die Gefahr, dass hier einige die falschen Schlüsse daraus ziehen. Und mit falsch meine ich nicht, selbst die Wahrheit zu kennen, sondern vielmehr eben unzulässige.
Und dann stehen hier im Forum eindrucksvolle Grafiken, die wahrscheinlich viel zeigen, aber nur wenig aussagen. Ich unterstelle jetzt einem Außenstehenden, dass er hier in dem Fall das Motul als definitiv schlechteres Öl abstempelt. Auf die Gefahr hin mich zu wiederholen: Wissenschaft mit OC-Daten geht (so) nicht. Manchmal wird mir das hier ein Stück zu sehr vermischt. Als Hobby finde ich es klasse, Werte zu vergleichen, irgendwas hochzurechnen, zu plotten und bunt einzufärben. Beim Rest stelle ich mich entschieden dagegen.
Das noch kurz als Formsache, denn das habe ich oben auch schon berücksichtigt, sie wären noch immer oberhalb der Linie, die ich erwartet hätte.
Das verstehe ich leider nicht so ganz. Wenn die 19 ppm auf 11.000 km auch entstanden sind, liegen wir dann nicht im Trend und scheint der Balkenverlauf nicht weniger eindrucksvoll?