Moin,
Anfang März wurde mein Golf 8 e-Hybrid ausgeliefert, mit dem ich jetzt ca. 3000km gefahren bin. Ein hervorragendes Antriebskonzept mit dem ich vollumfänglich zufrieden bin.
Der Golf hat den gleichen Antriebsstrang wie der Leon e-Hybrid, den der TE probegefahren ist. Leider hat er den Verbrennerantrieb auf die absolut harte Art benutzt, wie es nur in Notfällen gemacht werden sollte. Z.B. bei Überholvorgängen, wo man sich verschätzt hat und doch noch den Schub des Verbrenners braucht.
Im Grunde haben wir hier zwei Betriebsmodi, den E-Mode als reinen Elektroantrieb und den Hybrid-Modus als gemischten Antrieb. Jeweils abgestuft in verschiedene Fahrprofile, ECO, Comfort, Sport und Individual (wo die Fahrsysteme nach persönlichem Wunsch eingestellt werden können).
Egal was gerade eingestellt ist, angefahren wird im normalen Betrieb immer elektrisch mit dem hohen Drehmoment des E-Motors von 330 Nm. Wenn im Hybridmodus der Benziner zugeschaltet wird, geschieht das ab ca. 25 - 30 km nahezu unmerklich. Selbst bei 120 km/h sind das noch keine 2000 U/min. Es gibt keine Vibrationen, keinen Ruck. Im digitalem Cockpit arbeitet jetzt bei Verbrennerbetrieb der Drehzahlmesser. Bei Ortsgeschwindigkeit hört man evtl. noch ein angenehmes sonores und leises Grummeln. Wenn der Motor kalt ist, läuft er auch im Stand so lange, bis Betriebstemperatur erreicht ist. Danach schaltet er sich bei Stillstand, (nur nicht bei einem Stoppschild (Verkehrszeichenerkennung)), in Ortschaften und beim Segeln des Fahrzeuges ab.
Je nachdem, welche Einstellung gewählt ist, unterstützt der E-Motor auch Kilometerlanges dahingleiten mit noch leichtem Vorschub im Hybrid-Modus. Kommt darauf an, ob ich den Batteriehold Modus benutze, und/oder wie der Akkustand ist. Das regelt die Software des Wagens. Der Hybrid-Modus in Zusammenarbeit mit dem geroutetem Navi ist der sparsamste Modus, die Software errechnet für die ganze Strecke immer die günstigsten Betriebsarten, dabei werden Geländetopografie, Akkustand und eventuelle Staus oder Behinderungen berücksichtigt.
Im automatischen Verzögerungsmodus rekuperiert, (bremst) der Wagen selbständig vor Ortsschildern, Kreisel, Kurven, Abbiegungen und Gefällestrecken usw. ab und lädt den Akku dabei. Abbiegungen natürlich nur bei aktivem Routing.
Wenn der Motor z.B. auf der Autobahn im ungünstigen Drehmomentbereich arbeitet, wird automatisch der E-Motor als Generator belastet und Strom für den Akku geerntet. Das nennt sich Lastpunktverschiebung und geht im Zusammenspiel mit dem E-Antrieb/Generator schon ein klein wenig in die Richtung eines Perpetuum mobile. Die so gewonnene elektrische Energie wird dann wieder in den E-Antrieb gesteckt, oder für späteren E-Antrieb in Städten aufgehoben. Das Zusammenspiel der Motoren, die Verbräuche in Litern und kW bzw. das Ernten bei der Rekuperation lässt sich schön auf digitalen Anzeigen oder Diagrammen im Cockpit anschaulich verfolgen. Mir macht das Spaß, anderen wäre es vielleicht lästig. Wem es nicht gefällt, kann sich etwa auch noch die hochauflösende Navikarte ins Cockpit holen. Oder sich den Verkehr auf einer dreispurigen Autobahn mit PKW, LKW und Zweiradfahrern, die gerade überholen oder überholt werden im Cockpit schematisch anzeigen lassen. Der Wagen hat rundum Radar und weiß, was um ihn herum los ist. Gegen meinen 27 Jahre alten W124 kommt der mir ein wenig vor wie Raumschiff Enterprise.
Der Golf 8 e-Hybrid geht rein elektrisch in 11,5 Sek. bzw. im Hybrid-Modus mit e-Boost (350Nm) in 7 Sek. von 0 auf 100 km/h. Auch im Hybrid-Modus mit Verbrenner fährt sich der Wagen wie ein Elektroauto. Löcher im Drehmoment des Benziners werden automatisch vom E-Antrieb gestopft. Wie oben schon geschrieben, stehen ab der ersten Umdrehung des E-Antriebes 330Nm ansatzlos zur Verfügung.
Serienmäßig kann der Golf 8 e-Hybrid auch das, was Tesla großspurig den "Autopilot" nennt. VW nennt das Assistenzsystem Travel-Assist, ist im Prinzip das gleiche. Wird auch teilautonomes Fahren Level 2 genannt. Kann im fließenden Verkehr selbständig bremsen, anhalten, wieder anfahren, die Geschwindigkeit nach Beschilderung regeln bzw. den Abstand zum voraus fahrendem Wagen halten. Selbst lenken kann er auch. OK, das sollte man nicht mit autonomen Fahren verwechseln. So etwas gibt es noch nicht, da gehört noch viel mehr dazu. Allerdings macht der Golf 8 das schon gut und kann auch recht enge Radien, jedenfalls besser als der Mercedes A250e, den ich letztes Jahr 4 Tage zur Probe hatte. In Ortschaften kurvt er auch um im Weg stehende Verkehrsinseln herum, solange er sich an irgendwelchen Linien oder Fahrbahnrändern orientieren kann. Aber gerade in Ortschaften steigt der Travel Assist auch plötzlich aus, da gehören einfach die Hände ans Lenkrad, sonst geht das schief. Der TA ist für Autobahnen und gut ausgebaute Schnellstraßen. Wenn zu lange das sensitive Lenkrad nicht berührt wird und alle optischen und akustischen Warnungen nicht beachtet werden, schaltet der Wagen die Warnblinker an, verringert die Geschwindigkeit, fährt rechts ran und ruft den Notdienst an. Gut, das hat jetzt nichts mit dem E-Antrieb zu tun.
Ich hab mich bewusst für den Plug in Hybrid und für den Golf entschieden. Der hat ein tolles Fahrwerk auch ohne DCC Weichspüler bei den serienmäßigen 16" Rädern mit 205/55-16 Reifen. Ist ausgesprochen leise, agil und Kurven freudig auch mit seinen 1580 kg Leergewicht. Ich bin letztes Jahr mehrere E-Autos Probe gefahren, die an die 2Tonnen oder darüber gingen. Fast immer eine schwerfällige, schwabbelige Angelegenheit auf unebenen Straßen. Hat mich an einen T2 Transporter, voll mit Fliesen erinnert.
Ich lade nur zu Hause an meiner Wallbox, unterwegs ergibt das für mich überhaupt keinen Sinn. Wenn ich zu Hause ankomme und laden muss, stecke ich gleich den Stecker ein und der Wagen fängt an bis 50% den Akku zu laden. Alles andere regel ich per Smartphone Fernsteuerung mit dem Wagen. Also wann wie viel geladen werden soll, bzw. kann ich dafür zur Akkuschonung Abfahrtzeiten eingeben, bis wann der Akku geladen sein soll, bzw. der Wagen zur Abfahrtzeit geladen, geheizt oder klimatisiert sein soll. Halt Akkupflege, der soll ja nicht ent- oder vollgeladen länger herumstehen, geht auf die Lebensdauer. Ja, das gehört auch dazu, jedenfalls für mich. Bei 2 oder 3 Jahre Leasing, wird wohl eher selten darauf geachtet.
Ein Wort noch zu E-Auto vs. Plug in Hybrid auf Kurzstrecken. E-Autos haben eine Akkuheizung. D.h., bei niedrigen Temperaturen werden die Akkus spätestens ab Fahrtbeginn auf Betriebstemperatur gebracht, auch bei 12 oder 14° C. Das entleert nicht nur den Akku, das kostet auch Energie und Geld. Der Plug in Hybrid hat bei VW und i.d.R. keine Akkuheizung, dafür Zellen mit höherem Kobaltanteil, die von der Zellchemie weniger empfindlich sind. Außerdem springt einfach der Verbrenner an, wenn es für die Akkus mal zu frostig wird. So bin ich auch auf Kurzstrecken recht sparsam unterwegs.
Ich bin der Meinung, E-Autos lohnen sich im Winter kaum, bzw. zahlt man zu einem Verbrenner noch drauf, wenn man nicht nur an der heimischen Wallbox für 25 bis 30 Cent laden kann. An den Ladeparks unterwegs zahlt man für Gleichstrom leicht den doppelten bis vierfachen Preis. Je nachdem, ob ich eine Ladekarte mit monatlichen Grundgebühren habe oder nicht. Und diese Preise werden noch nicht das Ende sein. In der kalten Jahreszeit geht dann auch noch viel Energie in die Heizung des E-Fahrzeuges. Mit dem e-Hybrid im Hybridbetrieb hab ich die Wärme gratis.
Ein Manko gibt es natürlich, jedes Jahr Ölwechsel in der Werkstatt mit Öl nach VW 50900, jedenfalls bei VW und Mercedes. Renault alle 2 Jahre, wie ich gelesen habe. Der 1,4L Motor von VW, der seit 2014 schon im Golf 7 Plug in Hybrid eingesetzt wird und immer wieder verbessert wurde, ist für den belasteten Kaltstart optimiert worden. Spaltmaße, Beschichtungen bzw. Materialien. Also im Notfall kann der das mal ab.
Den niedrigsten E-Verbrauch hatte ich am 26. April, als ich aus dem nördlichen Landkreis Hannover zum Messegelände in Laatzen gefahren bin. Also Landstraße und einmal quer durch Hannover und zurück. Machte bei einer Strecke von 71 km einen Verbrauch von 12,2 kWh auf 100 km. Dann waren noch 7km Restreichweite im Akku. Der Akku hat eine Nettokapazität von ca. 10,5 kWh. Brutto 13 kWh von VW angegeben. Die ca. 20 % dazwischen ist Schonpuffer.
Gruß Ulli