IR-Spektrum der unterschiedlichen Grundöle

  • Hallo,

    zur Interpretation von FTIR-Spektren von Grundölen einige Anmerkungen, mit denen man sie bis auf AN unterscheiden kann:

    Bei Grundöl der Gruppe 1 ist das entscheidende, dass es lt. API Grundsubstanzen enthält, die mehr als 10% ungesättigte Verbindungen haben. Ungesättigte Verbindungen sind z.B. C=C Doppelbindungen, die in Aromaten (ringförmige Kohlenwasserstoffe mit aromatischem Doppelbindungssystem) vorliegen. Über die Destillation von Erdöl kommen Aromaten ins Gruppe 1 Öl. Die C=C Doppelbindung eines Aromaten verursacht im FTIR-Spektrum einen Peak bei ca. 1600 cm-1 (Infrared spectra of aromatic rings), den man im Bild vom SN-150 auch sieht. Im Bereich 1650 cm-1 bis 2000 cm-1 können Aromaten (schwache) Oberschwingungen haben (die oben nicht zu sehen sind, weil sie wohl zu schwach sind), zu denen dann je nach Substitutionsgrad Schwingung(en) im Bereich von 650 cm-1 bis 900 cm-1 gehören. Von einer C-H Biegeschwingung kann ein starker Peak bei 880 cm-1 sein (IR-Spektrum: Tabelle & Schema). Den gibt es bei PAO, aber stärker. Hier beim Vergleich Gruppe 1 und 3 erkennt man gut Aromaten. Der Aromat hat Oberschwingungen bei 1735 cm-1 und 1880 cm-1 und ist demnach 1, 3, 5 substituiert. Dazu passen die Peaks bei 620 cm-1 und 815 cm-1. Mit steigender Konzentration von Gruppe 1 nimmt die Peakhöhe zu, wie man es erwartet. Hier beim Vergleich Gruppe 1 und 4 erkennt man das auch.


    Grundöle aus Gruppe 2 und Gruppe 3 enthalten lt. API weniger als 10% ungesättigte Verbindungen und somit auch weniger Aromaten. Dies wird durch Hydrocracken erreicht. Der Peak bei 1600 cm-1 fehlt deshalb im 3. und 4. Bild. Der Peak bei 880 cm-1 ist in beiden Bildern schwach zu erkennen.


    Grundöl der Gruppe 4 kann z.B. Polyalphaolefin (PAO) sein. Da PAO kein Aromat ist, fehlt der Peak bei 1600 cm-1, was im Bild vom PAO zu erkennen ist. PAO hat als Olefin eine C=C Doppelbindung. PAO sind Alphaolefine mit einer Verzweigung. Wenn diese Verzweigung an der zweiten Position ist, wird dies als Vinyliden bezeichnet (Einstufung). Vinyliden ist eine funktionelle Gruppe, die im FTIR-Spektrum bei 1650 cm-1 und 890 cm-1 einen Peak hat. Der Peak bei 1650 cm-1 ist eine Streckschwingung der C=C Doppelbindung und ist von mittlerer Intensität, weshalb man ihn beim Bild vom PAO in der Absorption nicht erkennt. Der Peak bei 890 cm-1 ist eine Biegeschwingung der C=C Doppelbindung und ist von starker Intensität, und zwar stärker als bei Ölen aus Gruppe 1, 2, 3, weil reines PAO schließlich 100% PAO ist, während Öle aus Gruppe 1, 2, 3 aus weniger als 100 % Aromaten bestehen. Oben beim PAO lässt sich der Peak mit einem Lineal am Monitor ausmessen: 890 cm-1. Alle Templates von PAO (Templates für Infrarotspektroskopie) hier im Forum haben bei 890 cm-1 den Peak.

    Beim SN-150 gehört der starke Peak im Bereich 2800 cm-1 bis 3000 cm-1 zu einem Alkan. Diese haben keine Kohlenstoffringe. Ihre Ketten bestehen aus CH2 und haben an beiden Enden ein CH3. PAO hat als Alphaolefin aufgrund der C=C Doppelbindung am ersten C-Atom am Molekülanfang statt eines CH3 ein CH2. Am Molekülende ist ein CH3. Ansonsten besteht PAO praktisch nur aus CH2. PAO und Alkane haben bei gleicher Viskosität praktisch eine gleich lange Kettenlänge. Die CH2 und CH3 aus PAO und Alkanen haben nur C-H Einfachbindungen. Ihre Biegeschwingung liegt beim CH2 (Methylengruppe) bei 1465 cm-1 und beim CH3 (Methylgruppe) bei 1450 cm-1, beide von mittlerer Intensität. Da sie so nah zusammenliegen, ergeben sie im FTIR einen gemeinsamen Peak von starker Intensität. Die Fläche unter diesem Peak ist ein Maß für die Konzentration an CH2. Öle aus Gruppe 1, 2, 3 bestehen praktisch nur aus Alkanen. Im Ergebnis bedeutet das, dass die Fläche unter dem Peak bei 1460 cm-1 bei Öl aus Gruppe 1, 2, 3, 4 gleich groß ist. Da die Kurvenform gleich ist, ist die Peakhöhe gleich sein. Das kann man oben in den Bildern feststellen. Anders ist es bei der Deformationsschwingung von CH3. Diese liegt bei 1380 cm-1. Da bei PAO die Konzentration von CH3 nur halb so hoch ist wie bei Öl aus Gruppe 1, 2, 3, ist die Fläche unter dem Peak auch nur halb so groß und somit bei PAO die Peakhöhe deutlich niedriger. Bei Öl aus Gruppe 1, 2, 3 muss die Peakhöhe gleich sein. Beides ist in den Bildern oben gut zu erkennen. Der Peak bei 720 cm-1 ist nicht zur Unterscheidung von PAO und Öl aus Gruppe 1, 2, 3 geeignet: Bei 720 cm-1 hat CH2 eine Rocking-Schwingung und bei gleicher Viskosität ist die Konzentration von CH2 im Öl gleich und somit auch die Peakhöhe.


    Grundöl Gruppe 5: Ester hat bei 890 cm-1 und 1600 cm-1 keinen Peak, aber einen starken Peak bei 1700 cm-1. Das AN aus Eurol Engine Oil Treat hat bei 1600 cm-1 und 890 cm-1 einen Peak (von einem Aromat). Dazu an anderer Stelle mehr.


    Ergebnis:

    Damit kann man Grundöl Gruppe 1, 2, 3, 4 und Ester unterscheiden, jedenfalls wenn es als einzige Verbindung vorliegt (am besten in Absorption wegen der logarithmischen Darstellung):

    Peak bei 1600 cm-1 vorhanden, Peak bei 890 cm-1 und 1700 cm-1 nicht oder schwach vorhanden, Peak bei 1380 cm-1 (im Vergleich zum Peak bei 1460 cm-1) eher hoch: Gruppe 1.

    Peak bei 1600 cm-1 nicht vorhanden, Peak bei 890 cm-1 und 1700 cm-1 nicht oder schwach vorhanden, Peak bei 1380 cm-1 (im Vergleich zum Peak bei 1460 cm-1) eher hoch: HC.

    Peak bei 1600 cm-1 und 1700 cm-1 nicht vorhanden, Peak bei 890 cm-1 stärker als bei HC vorhanden, Peak bei 1380 cm-1 (im Vergleich zum Peak bei 1460 cm-1) niedriger als bei HC: PAO.

    Peak bei 1700 cm-1 vorhanden: Ester.


    Bei Mischungen von Grundölen wird es natürlich komplizierter. Gruppe 1 und Ester kann man unterscheiden, aber HC und PAO nicht mehr. Dafür braucht man weitere Infos wie CCS usw.


    Spektroskopie ist Angewandte Quantenmechanik, da ist nichts unkompliziert zu interpretieren…


    Wenn jemand Fehler findet, oder im Text was anders geschrieben werden soll, bitte melden, ich pass es dann an.


    Gruß

    Steuerkette_007

  • Nein, liegt an Skalierung und Messung bei Polaris.

    Zumindest hat das Labor das schon häufiger erklärt.

    Wert würde "normal" deutlich über 1 liegen. Ca. 1,35 bis 1,4.

    Deshalb sind IRS untereinander schwer zu vergleichen. Aus unterschiedlichen Laboren schon mal gar nicht.