Rechtsprechung: "Vollsynthetisch" bleibt zu wahren - Urteil 21.06.2018

  • Es ist aber auch zusagen das Gruppe III Öle nicht die gleichen Eigenschaften zur Gruppe IV/V aufweisen.

    Was auch noch wichtig ist bei der Entstehung:

    Für Gruppe III
    Öle wird immer ein Rohstoffe verwendet Nicht „chemisch konstruiert“ ist hier das Stichwort.
    HC = Mineralölraffination
    GTL = Gas

    Für Gruppe IV/V
    Sind es "chemisch konstruierte" Grundstoffe.


    Für Gruppe IV/V gibt es auch keinen festen Viskositätsbereich. Da dise Öle nur Chemisch Entstehen und es somit keine Vorgaben für ihre Viskosität gibt.

  • Bei der Vollsynthese werden die Molekületten einmal aufgelöst und so aufgebaut wie man es möchte.
    Bei HC werden die Molekülketten mit Hilfe von Wasserstoff aufgebrochen (Cracken) und erhält Pi × Daumen das was man sich wünscht. Es ist gut, ja, aber nun mal nicht perfekt.

  • Ich habe das Urteil des BGH vom 21.6.2018 – I ZR 157/16 herausgesucht. Zur Frage, wann mit dem Begriff "vollsynthetisch" geworben werden dürfe, bestätigt der BGH das OLG Köln als Berufungsgericht und führt dazu aus:

    Sachverhalt:

    Die Parteien vertreiben Öl und Schmierstoffe für Kraftfahrzeuge.

    Motorenöle werden herkömmlich aus mineralischen Grundölen gewonnen, wobei ein Motorenöl zu etwa 75–80 % aus Grundölen und zu 20–25 % aus Additiven besteht. Diese herkömmlichen Motorenöle wurden in der Klassifikation des American Petroleum Institute (API) in die API-Gruppen I und II eingeordnet. Seit Mitte der 1970er Jahre werden Motorenöle vertrieben, deren Grundöl-Anteil nicht aus Mineralöl, sondern aus einfachen Grundverbindungen durch Polymerisation oder Veresterung hergestellt wird. Verwendet werden Grundöle auf Basis von Polyalphaolefinen oder Dicarbonsäureestern. Diese Öle wurden in die API-Gruppen IV und V eingeordnet. Eine weitere Gruppe der Grundöle bilden die so genannten „Hydrocracköle“ (API Gruppe III).

    Die Beklagte bezeichnete in an Verbraucher gerichteten Produktinformationen das von ihr vertriebene Hydrocracköl „SPECIFIC 504 00, 507 00, 5 W-30“ als „vollsynthetisch“ sowie als „vollsynthetisches Motorenöl der neuen Generation“.
    Die Klägerin macht geltend, diese Angaben seien irreführend. Seit den 1970er Jahren seien vollsynthetische Motorenöle im Premiumsegment angesiedelt. Vollsynthetische Öle seien in der Herstellung aufwendiger und teurer als andere Öle. Der Verkehr verstehe unter „vollsynthetisch“ nur Motorenöle, deren Grundöle fast gänzlich aus Polyalphaolefinen oder Dicarbonsäureestern bestünden. Dagegen gehörten Hydrocracköle wie das der Bekl. nicht in die Kategorie der vollsynthetischen Öle.
    Die Kl. hat die Bekl. auf Unterlassung in Anspruch genommen. Das LG Köln hat die Klage abgewiesen (Urt. v. 26.5.2015 – 33 O 227/13). Auf die Berufung der Kl. hat das Berufungsgericht (OLG Köln, GRUR-RS 2016, 16577 = WRP 2016, 1551 – vollsynthetisches Motoröl) der Bekl. verboten, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs Motorenöle mit der Bezeichnung „SPECIFIC 504 00, 507 00, 5W“ als „vollsynthetisch“ zu bezeichnen und/oder bezeichnen zu lassen, wenn dies geschieht wie nachstehend wiedergegeben:


    Mit ihrer vom BerGer. zugelassenen Revision verfolgt die Bekl. die Wiederherstellung des klageabweisenden landgerichtlichen Urteils.
    Die Revision der Bekl. hatte keinen Erfolg.


    Gründe:

    I. Das BerGer. hat angenommen, der Kl. stehe der Unterlassungsanspruch wegen Irreführung zu. Zur Begründung hat es ausgeführt:

    Die Bezeichnung eines Motorenöls ohne nähere Erläuterung als „vollsynthetisch“ sei irreführend, wenn das Öl einen wesentlichen Anteil an Hydrocracköl (API Gruppe III) enthalte. Auf die konkreten Eigenschaften dieses Produkts komme es nicht an.

    Seit Mitte der 1970er Jahre seien Öle, deren Grundöl-Anteil nicht aus Mineralölen (API-Gruppen I und II), sondern aus Ölen der API-Gruppen IV und V bestünden, infolge des aufwendigen Produktionsprozesses im oberen Preissegment angesiedelt und am Markt unter der Bezeichnung „synthetisch“ eingeführt. Der Verbraucher verbinde mit der Bezeichnung „vollsynthetisches Öl“ eine besondere Qualität, die den höheren Preis rechtfertige. Der Durchschnittsverbraucher dürfe erwarten, dass ein als „vollsynthetisch“ beworbenes Motoröl den Produkten entspreche, die ihm bisher unter dieser Bezeichnung am Markt entgegengetreten seien. Liege ein durch die wettbewerbliche Praxis geprägtes Verbraucherverständnis vor, was ein „vollsynthetisches Öl“ sei, sei es irreführend, wenn Öle, die in einem anderen Produktionsprozess gewonnen würden, unter dieser am Markt eingeführten Bezeichnung vertrieben würden.

    [...]

    2. Das BerGer. hat angenommen, die Bezeichnung eines Motorenöls ohne nähere Erläuterung als „vollsynthetisch“ sei irreführend, wenn das Öl einen wesentlichen Anteil an Hydrocracköl (API Gruppe III) enthält. Auf die konkreten Eigenschaften dieses Produkts komme es dabei nicht an. Liege ein durch die wettbewerbliche Praxis geprägtes Verbraucherverständnis vor, was ein „vollsynthetisches Öl“ sei, sei es irreführend, wenn Öle, die in einem anderen Produktionsprozess gewonnen würden, unter dieser am Markt eingeführten Bezeichnung vertrieben würden. Seit Mitte der 1970er Jahre seien Öle auf dem Markt, deren Grundöl-Anteil nicht aus Mineralölen (API-Gruppen I und II), sondern aus Ölen der API-Gruppen IV und V bestünden. Infolge des aufwendigen Produktionsprozesses seien diese Produkte im oberen Preissegment angesiedelt und am Markt unter der Bezeichnung „synthetisch“ eingeführt. Der Verbraucher verbinde mit der Bezeichnung „vollsynthetisches Öl“ eine besondere Qualität, die den höheren Preis rechtfertige. Er werde zumindest erwarten, dass es sich um „künstlich hergestelltes“ Öl handele, das eben deswegen einem natürlich gewonnenen (Mineral-)Öl gegenüber Vorzüge aufweise. Der Durchschnittsverbraucher dürfe vorliegend erwarten, dass ein als „vollsynthetisch“ beworbenes Motoröl den Produkten entspreche, die ihm bisher unter dieser Bezeichnung am Markt entgegengetreten seien. Ob er die von ihm dem bekannten Produkt zugeschriebenen Merkmale zu Recht oder zu Unrecht für wesentlich halte, sei grundsätzlich unerheblich. Maßgeblich sei, dass der Verkehr sie für kaufentscheidend halte und seine geschäftliche Entscheidung an ihnen ausrichte.

    [...]

    Das BerGer. hat eine solche Unterscheidung vorgenommen. Es hat angenommen, für die Einschätzung der Irreführung der beanstandeten Angabe komme es nicht auf die konkreten Eigenschaften des Produkts an. Maßgeblich sei vielmehr, dass der Verkehr angesichts der seit Jahrzehnten bestehenden Übung unter vollsynthetischen Ölen eine bestimmte Produktgruppe künstlich hergestellter Motorenöle verstehe, die infolge eines aufwendigen Produktionsprozesses im oberen Preissegment angesiedelt seien. Es stelle unabhängig von den konkreten Merkmalen des Produkts eine Irreführung dar, wenn ein Motorenöl als „vollsynthetisch“ bezeichnet werde, das in einem anderen Produktionsprozess gewonnen werde und nicht den Produkten entspreche, die dem Verkehr bisher unter dieser Bezeichnung entgegengetreten seien.

    [...]

    aa) Die Revision berücksichtigt wiederum nicht hinreichend den vom BerGer. angenommenen Gegenstand der Irreführung. Diesen hat es nicht darin gesehen, dass der Verkehr mit der Bezeichnung „vollsynthetisches Öl“ bestimmte Eigenschaften – etwa eine besondere Langlebigkeit oder ein besonderes breites Einsatzspektrum in Bezug auf Motorenarten oder Außentemperaturen – verbindet. Das BerGer. ist vielmehr von einer Irreführung über die Zugehörigkeit zu einer nach der Verkehrsauffassung seit Jahrzehnten bestehenden bestimmten Produktkategorie ausgegangen. Dabei hat es zwar bei der Frage, durch welche Umstände der Verkehr die Produktkategorie der vollsynthetischen Öle von anderen Kategorien von Motorölen abgrenzt, auch darauf abgestellt, der Verkehr werde mit der Bezeichnung „vollsynthetisches Öl“ eine besondere Qualität verbinden. Das BerGer. hat damit allerdings nicht angenommen, dass sich die Verkehrsanschauung insoweit auf konkrete Eigenschaften des Öls stützt. Es hat vielmehr – ausgehend von seiner Feststellung, die synthetischen Öle seien infolge eines aufwendigeren Herstellungsprozesses im oberen Preissegment angesiedelt – angenommen, der Verkehr verbinde mit der angegriffenen Bezeichnung eine besondere Qualität, die den höheren Preis rechtfertige.

    [...]

    BMW F11 520d N47
    BMW E53 X5 4.8is @ Prins VSI 2 eVP-500
    BMW E63 M6 V10 LCI
    BMW E39 554i M73N V12

  • D.h. es ging damals um Motul.
    Immerhin sind die deutschen Artikelbeschreibungen und Datenblätter ja angepasst worden.
    Also wenn man mal die Racing-Öle der 300V Serie außen vor lässt, gibt es von Motul fast nur auf Synthese-Technologie basiernde Öle (Ausnahme scheint das 0W20 Specific 508 00 509 00 zu sein).

  • Nein die 300V Öle (zumindest die Serie für PKW) sind auch nicht 100% Vollsynthetik sondern enthalten neben PAO und Ester auch einen kleinen Anteil VHVI HC Gruppe 3 Öl.

    Da die Ergebnisse allerdings überzeugen und nach den Andeutungen im OilClub.ru Thread könnte das ganze sogar Absicht sein und zwar aus Verschleissgründen nicht aus Kostengründen.

    Gruß

    Karsten

  • Dafür haben wir ja unsere Themen über Basisöle und Additive.
    Hier geht es um die juristische Bewertung, ab wann ein Öl als vollsynthetisch deklariert werden darf.

    Es wurde Mitte 2018 auch echt mal Zeit, dass das hier in Deutschland klar geregelt wird und nicht jeder einfach vollsynthetisch auf seinen Kanistern schreiben darf, nur weil paar % PAO enthalten sind.

  • Ja, sie haben Mist gebaut. Aber ist es wirklich ein Grund alles in Grund und Boden zu reden? Das Urteil ist durch, Motul hat es korrigiert und sicherlich auch Korrekturen im wirtschaftlichen Sinne machen müssen. Jedoch sind die Produkte ja nicht von Grund auf schlecht und haben auch ihre Daseinsberechtigung.

  • Nein alles schlecht reden müssen wir deswegen nicht.
    Aber korrigiert haben sie es auch nur für DE, bei mir hier öffnet sich standardmäßig die Website von Motul Italy, und da sind die Beschreibungen immer noch wie früher, also "Lubrificante 100% sintetico" :thumbdown:

  • Das ist in der ganzen Welt so...

    Gruppe 3 VHVI HC gilt quasi überall auf der Welt als "Full Synthetic", warum sollte sich Motul jetzt gegenüber seinen Mitbewerbern schlechter stellen?

    Mobil 1 0W40 FS, deutsche Exxon/Mobil1 Website = Synthese Technologie, USA = Full Synthetic, Italien = Olio motore sintetico.

    Gruß

    Karsten

  • Naja, wenn man den deutschen Entgegenkommen möchte und alles auf deutsch übersetzt, dann ist Full Synthetic nunmal Vollsynthetisch. Und wenn man auf der ganzen Welt full synthetic schreiben kann wie man will, woher soll man wissen, dass es Deutschland plötzlich eine Ausnahme und damit gesetzliche Regelung gibt?

  • Als Ölhersteller im Nachbarland weißt du das, du hast das zu wissen, sonst machst du deinen Job nicht. Motul ist ja auch kein kleiner Vertrieb der Öle im geringen Umfang nur weiterreicht o.ä., die haben Know How beim Öl und kennen auch die Vorschriften drumherum. Es war natürlich ggü. den anderen ein illegitimer Wettbewerbsvorteil, Motul ist bei (deutschen) Benzinverrückten schon lange ziemlich weit verbreitet, hat einen guten Ruf usw., ich denke man hat sich deswegen solange gewehrt, gerade bei den 300V Ölen ist es ja fast schon unfair ;) das Prädikat "Vollsynth." nicht nutzen zu dürfen. Ich bin jetzt kein Fan von Motul und traue den Datenblättern nicht wirklich ganz (siehe Gear 300), lebten wir in einer perfekten Welt wo man nicht ständig von den Unternehmen veräppelt werden würde, könnte man den Zeigenfinger erheben aber man sollte doch die Kirche im Dorf lassen, die haben gute und spitzenmäßige Öle - bei 15W50 wäre die Marke meine erste Wahl.
    Da gibt es bei anderen noch schlimmer zugerichtete Leichen im Keller, man denke nur an die extreme Umweltverschmutzungen, z.B. von Shell in Köln.

    :red: Euro Series 5w40

    :aroi: AR 9100

    :she: V-Power

    :rav:MTF3+VSG 70/30