So, ich habe mir mal einige vollsynthetische Öle aus dem Hause Ravenol sowohl im Bereich MSDS als auch IRS (so gut es ging) näher angesehen.
Es sind nicht alle dabei, da die Datenlage zu dünn war. Aber die wesentlichen (Motoren)Öle lassen sich dort wiederfinden. (Ein "leer" bedeutet, dass im MSDS keine Einträge zu etwaigen Grundölen vorhanden sind).
Darüber hinaus erhebt die Übersicht weder einen Anspruch auf Vollständigkeit noch auf Fehlerfreiheit. Einige Analysen sind ähnlich den MSDS etwas in die Jahre gekommen und Formulierungen wurden stellenweise verändert und angepasst.
Grundlegendes:
Wie oft erwähnt sind egal welche Werte allein ziemlich nichtssagend. Wenn man eine Ebene höher steigt und das Gesamtpaket betrachtet, könnte man zu einigen Schlüssen kommen.
Die Art der Basisöle und deren Anteile anhand des IRS genau bestimmen zu wollen, ist nicht möglich. Ein Öl kann verschieden hohe und damit auch geringere Peaks im Bereich 722 cm-1 aufweisen.
Es gibt keinen festen Wert dafür, da dieser von (zu) vielen Faktoren abhängt. Das direkt vorweg, um etwaigen und sich wiederholenden Hinweisen entgegenzuwirken.
Parallel dazu muss es nicht zwingend einen PAO-Eintrag im MSDS geben. Das hängt ebenfalls von einigen Parametern ab und ist hier im Forum bereits hinreichend erläutert worden.
Bloß, wenn weder das eine noch das andere so richtig vorhanden ist, macht das schon nachdenklich.
Beispiele:
RCS, RSS und RSE sind allesamt Öle, die mit äußerst hoher Wahrscheinlichkeit vollsynthetisch sind. In meinen Augen bleiben hier keine Zweifel offen.
Ähnlich zu RUP, REP und VST.
Ich erwarte nicht, dass im MSDS 100% 1-Decen steht, das geht nicht. Selbst an Kandidaten mit geringem ausgewiesenen Anteil (z. B. RRS) und (etwas) geringerer Absorption bezweifle ich nichts, weil das Gesamtpaket in sich stimmig ist.
Bei einem SSO würde ich niemals auf die Idee kommen zu sagen: "Hey, da sind nur 40%-PAO drin! Achtung, Achtung.." - Das wäre unseriös und der Komplexität nicht angemessen. Das Gesamtpaket lässt den Schluss auf ein vollsynthetisches Öl definitiv zu.
DXG und/oder SSV könnten im ersten Moment durch einen geringen Absorptionswert auffallen, aber das IRS ist in dem Fall mit Vorsicht zu genießen. Deshalb sind DXG und SSV mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit - wie gekennzeichnet - vollsynthetisch.
Das VDL berücksichtige ich in meiner Einordnung nur am Rande. Ein Anteil von 20-50% HC (Gr. 3) ist für ein vollsynthetisches Öl nicht üblich, aber nicht undenkbar. Ohne IRS fehlt ein wichtiger Baustein zur Gesamtbewertung, deshalb in Klammern.
Was ich mit den Beispielen zeigen will, ist zum einen, dass hinter einigen Überlegungen mehr Gedankengänge stecken als manch einer vielleicht annimmt und zum anderen, dass die Thematik stets umfassend zu betrachten ist.
NDT:
Nun fällt das besagte NDT ein wenig durch eine recht geringe und untypische Absorption auf. Im MSDS finden sich keinerlei Einträge zu vollsynthetischen Grundölen.
Das Gesamtpaket ist unstimmig, sodass Zweifel an einer 100%igen Gr.4/5-Basis entstehen und Ähnlichkeiten zu synthetisch gekennzeichneten Ölen (z.B. VMO) deutlich werden.
Es ist völlig richtig, dass es keine gesetzliche Vorgabe zum prozentualen Mindestmassenanteil an Gr. 4 oder 5 Ölen gibt, um ein Öl als vollsynthetisch bewerben zu dürfen. Weder 70% oder 75% noch 80%.
Lediglich die Basis muss vollständig aus einem Öl der o.g. Gruppen bestehen.
Jetzt könnte man argumentieren, dass die Basis aus 100% PAO besteht und der Anteil der Basis am Motoröl 40% beträgt. Der Rest sind in Mineralöl aufgelöste Additive. Inwiefern die Bezeichnung dann rechtens wäre, vermag ich nicht zu beurteilen.
Es würde vielleicht die vergleichsweise starke Eintrübung von vor einiger Zeit erklären, die dann seitens Ravenol erklärt worden ist. Dennoch ist es (auch aus den Erfahrungen zahlreicher Nutzer) jedenfalls ein eher untypisches Verhalten für vollsynthetische Öle aus 100%-Gr. 4/5 Grundöl.
Welchen Wert man dem bemisst, bleibt jedem Einzelnen überlassen, da ich weder meine Meinung noch meine Erklärungsansätze jemandem aufzwinge.
Die gängigen Größenordnungen zum Anteil eines Basisöls am Gesamtprodukt (75-80%) jedoch finden sich hier in meinen Augen nicht wirklich wieder. Zumindest hege ich persönlich Zweifel daran.
Die Achs- und Getriebeöle sowie einige sonstige Schmierstoffe habe ich einfach mal drin gelassen. Streng genommen gilt die aktuelle Rechtsprechung nur für Motorenöle, sodass ich hier nur für mich eine persönliche Einschätzung und Einordnung abgebe.
Das 9HP-Öl fällt ähnlich zu MTF2 und MTF3 durch die hohen Angaben zu den Massenanteilen an HC-Öl im MSDS auf. Das ist ungewöhnlich und daher hier anzumerken. Aufgrund fehlender IRS fällt eine tiefergehende Betrachtung schwer.
Das 8HP-Fluid war bis vor einigen Jahren auch als vollsynthetisch ausgewiesen und wurde mittlerweile angepasst. Da sind die Daten stimmig, wie ich finde.
Zum Abschluss, weil es immer noch gerne vermischt wird: Die sehr gute Performance des NDT zweifelt hier niemand an, denn das würde dem Öl samt bisheriger Erfahrungsberichte nicht gerecht werden.
Lediglich die Zusammensetzung erachte ich als diskussionswürdig. Ich lade jeden herzlich dazu ein, sich inhaltlich mit meinen Überlegungen auseinanderzusetzen und auszutauschen.