Motoröl: Fachbegriffe, lernen, sich informieren - Wie?

  • Welchen Fachbegriff genau verstehst Du nicht?
    Soweit haben wir hier grundlegende Infos: ABC der Schmierung

    Pp = Pourpoint
    Fp = Flammpunkt
    VI = Viskositätsindex
    kin. Visko = kinematische Viskosität in mm²/s
    CCS = Tieftemperatur-Viskosität in mPa.s (Cold Cranking Simulator)

    Wenn man die Begriffe googelt, bekommt man eigentlich zig Informationen darüber.

  • Ja gut, dann müsst ihr bei einer Sache ganz konkret nachfragen.
    Ich weiß ja jetzt gar nicht, wo es genau hakt. Und die komplette Ölthematik in einem Bericht zusammen zu fassen, ist so ohne weiteres nicht möglich.
    Daraus kann man mehrere Dr. Arbeiten schreiben in denen alles exakt dargelegt wird.

    Welche Begriffe was bedeuten, lässt sich jedoch ohne Probleme finden.

  • Ich verstehe die Zusammenhänge nicht und bin erschlagen.
    Der Thread liest sich für mich, mit etwas Ironie und Humor formuliert, in etwa so:

    "Wenn Die VI unter X ist es ein HC Öl, nicht aber bei CCS unter Y, dann hat es einen Pourpoint von C und der NOACK deutet drauhin dass es vollsyhthetisch ist ab Flammpunkt 240 °C......."

    Auf gut deutsch: Ich verstehe nur noch Bahnhof. ?(

    Ihr dagegen lest aus diesen kryptischen Daten selbstverständlich heraus A) was es für ein Öl ist und B) ob die Qualität gut ist.
    Das möcht ich auch. Ich bin auch bereit zu lernen und ich lese mich in sowas auch gerne ein.

    Wie habt ihr das gelernt? Wo habt ihr euer Fachwissen her? Wer hat es auch erklärt? Literaturempfehlung?

  • Einige von uns haben das von Berufswegen gelernt,
    andere in akribischer Eigeninitiative, Geduld und Erfahrung.

    Ich habe bei ZF gelernt und Diplom gemacht.
    Mein Meister vom "alten Schlag" hat die Ölanalyse mit Zungenprobe gemacht!
    Wenn ein Test-Automatik-Getriebe zurück ins Labor der Prototypenentwicklung kam,
    liess er das Öl ab, roch dran und nippte paar mal mit der Zunge drann...
    Bevor er das beiliegende Befundprotokoll öffnete, konnte er beinahe exakt aufzählen wie viel Laufleistung, Klimazone der Erde und Verschleißbild der Bremsbänder sowie Zustand der Kupplungen ist.
    War schon erstaunlich, das wird er nicht aus einem Lehrbuch haben...

    Erst später, als ich mit Motorenprüfständen zu tun hatte, kam ich hinter die "Weißheiten das Öl zu lesen".
    (bewusst in Gänsefüßchen gesetzt)

    Aber der das nicht beruflich gelernt hat, kommt über die normal zugängigen Quellen, Berichte, Foren UND eigene Experimetierfreude mit der Zeit an die "Kunst" die Parameter und Eingensvhaften des Öls zu deuten.
    Einen einfachen Kochrezept oder Formel gibt es bei der gegebenen Vielfalt der Öle und Rezepturen nicht.
    Daher einfach geduldig mitlesen, mitdiskutieren und selben testen!

  • Ja, es ist halt schwer zu erklären, wie man die Zusammenhänge erkennt.
    Bei mir z.B. kommen einfach die Gedanken und dann überlege ich was wie wo.
    Dazu gehören dann viele Abgleiche zu vorhandenen Infos, Analysen usw. ...

    Es ist ja nun auch nicht so, dass man immer aus gewissen Werten eindeutig die Basisölart erkennen kann.
    Da braucht es schon eine klare Richtung der Werte um im Gesamtbild stimmig zu sein. Doch wenn diese etwas "mittelmäßig" sind oder einer völlig aus der Reihe tanzt, wird es schon schwierig und man vermutet dann eher als es eindeutig identifiziert zu haben.
    Ohne IR-Spektrum kann es also auch klar zu Fehlinterpretationen kommen.

    Wie Georg-TDI schon sinngemäß richtig schrieb, ist die Ölthematik einfach ein Lernprozess dieser Zeit benötigt.
    Bleibt man am Ball, kommen die Zusammenhänge dann von allein...da macht es "klick" und der Geistesblitz hat einen erwischt. :D

    Zudem sind wir ja auch noch lange nicht am Ende der Erforschung und es kommen immer wieder neue Aspekte hinzu, die unter Umständen so einiges über den Haufen werfen können.
    Wie es jetzt aktuell bei diesem CCS-Kram der Fall war, lag ich mit meiner Einschätzung des Minimumwertes aufgrund von nicht existierenden Angaben falsch und eine Analyse hat dann die Sichtweise erweitert...wobei da natürlich bis jetzt nichts faktisch nachgewiesen werden kann.

    Naja, kommt Zeit, kommt Rat. :thumbup:

  • Motoröl Sommelier Beer möcht ich nicht werden. :D

    Ein X-belibiges Beispiel hier aus dem Forum. Wenn ich hier solche Sätze lese:

    Liqui Moly Synthoil High Tech 5W-40

    "Also passt das mit dem aktuellen MSDS zusammen, das 10-20% 1-Decen ausweist. Mehr als 10% sind nicht mehr drin, schade. Wie passt das aber mit 7,7% Verdampfungsverlust zusammen? Das ist für 90% HC doch sehr gering. Andere HC 5W-40 liegen da eher zwischen 9,5 und 11%.Wie sind die sehr guten 7,7% erklärbar?"
    und
    "GTL (Gruppe III) + VHVI (Gruppe III) kann Noack = 6,1 haben, PAO (Gruppe IV) + VHVI (Gruppe III) kann bessere Werte aufweisen..."
    und
    "Nicht HTHS, ich meinte den Verdampfungsverlust nach Noack."

    dann sitze ich so vor dem Bildschirm: ?( ?(

    Hier noch ein X-belibiges Beispiel, die Beschreibung von Andy:
    Motul X-cess 8100 5w40
    Auch hier: ?(
    Andy schreibt das das "ein gutes Full SAPS Motoröl" ist. Ich sitze wieder verblüfft vor dem PC und denke mir: Gut, aber das liest er WO aus dem Datenblatt?


    Ich habe mir zum Thema Motoröl schon einiges angelesen, "Bob is the Oil Guy" hat z.B. einige sehr nette Artikel, das "ABC der Schmierung" von Castrol ist super, aber wenn ich solche Sätze hier im Forum lese "Hakt es aus" und ich verstehe nichts mehr. Das ist Frustrierend!
    Wo kriege ich diese Infos und Erklärungen dazu her? Wo ist eine Quelle zum Selbststudium? Ihr müsst es mir ja nichtmal vorkauen und alle meine Fragen beantworten, ich arbeite mich schon selbst durch.

    Taugt das Buch hier etwas? Ich befürchte es ist zu sehr auf Oldtimer ausgerichtet:

    http://www.heel-verlag.de/Praxishandbuch+Oel.htm

  • Ich kenne das verlinkte Buch zwar nicht, aber wie üblich wird es sich dabei um die übliche Einsteigerthematik handeln ohne zu tief ins Detail zu gehen. Wenn du dir das durchliest wirst du am Ende genauso schlau sein und konntest dabei noch Geld sparen :) : http://www.motorex.com/index.cfm?oid=1195&lang=de

    Viele Dinge kann man durch eine hohe Zeitinvestition aus dem Netz ordern.

    Diese Bezeichnung "1-Decen", findet man häufig genannt in den Ölbestandteilen auf den jeweiligen Sicherheitsdatenblättern und steht für PAO. (Polyalphaolefine, Grundöle der Gruppe 4)

    HC steht für Hydro-Crack, ein Verfahren bei dem die Eigenschaften des Erdöls durch Synthesen (Wasserstoff etc) aufgewertet werden. Diese Öle besitzen mittlerweile ebenfalls hervorragende Eigenschaften aber stehen mit der Gruppe 3, immer noch unter PAO.

  • Motul X-cess 8100 5w40
    Auch hier:
    Andy schreibt das das "ein gutes Full SAPS Motoröl" ist. Ich sitze wieder verblüfft vor dem PC und denke mir: Gut, aber das liest er WO aus dem Datenblatt?

    Das macht das Gesamtbild.
    Andy hat doch die einzelnen Punkte der Analyse bewertet.
    Das Additivpaket sieht ziemlich gut aus, ZDDP, Bor und Kalzium sind ordentlich vorhanden.
    Der Flammpunkt von 236°C lässt auf ein hochwertiges temperaturstabiles Basisöl schließen, HC mit eventuell etwas PAO, aber es fehlt leider das IR-Spektrum.
    CCS ~6100 mPa.s zeigt eine eher dickflüssige Basisöl-Auslegung, diese natürlich positiv angesehen werden kann, je nachdem was gewünscht ist.
    Beim VI gehört das Wort "thermostabil" meiner Meinung nach nicht hin, eher würde ich sagen "gutes Viskositäts-Temperatur-Verhalten". Die Höhe von 171 ist absolut passend für ein 5W-40 und lässt zusammen mit CCS auf keine übermäßige Verwendung von VI-Verbesserern schließen.
    Der Pourpoint ist mit -42°C klassenüblich, passt also.
    Bei der TBN würde ich jetzt nicht von sehr gut sprechen, da die MB 229.5 mindestens 10 fordert. Mit 10,18 entspricht sie also einfach den Vorgaben, was natürlich positiv ist. Sehr gut wäre sie für mich dann erst ab 11-12.

    Insgesamt kann man daraus nun sagen, dass dieses Öl echt gut ist, eine sehr ausgewogene Rezeptur.
    Hätten wir zusätzlich den Wert NOACK (Verdampfungsverlust), könnte man das Basisöl noch besser einschätzen bzw. bewerten.


    Wenn du dir das durchliest wirst du am Ende genauso schlau sein und konntest dabei noch Geld sparen :) :
    motorex.com/index.cfm?oid=1195&lang=de

    Diese Motorex-Seite haben wir unter ABC der Schmierung --> Tribologie von A bis Z :thumbup:

  • Du hast jetzt alles nochmal ausführlich wiederholt, dnake dafür, ich verstehe aber immer noch nichts.

    -Wenn das Additivpaket ziemlich gut aussieht, wie sieht dann ein schlechtes oder sehr gutes aus?
    Wo kann ich das nachlesen?

    -Wenn der Flammpuntk von 236°C Auf ein HC+PAO Öl schliessen lässt, was sagt dann ein Flammpunkt von z.B. 220°C oder 250°C aus?
    Wo kann ich nachlesen welcher Flammpunkt für welches Öl steht?

    -Wenn der CCS von 6100 auf ein dickflüssiges Grundöl schliessen lässt, was positiv sein kann wenn gewünscht(?):
    Warum ist ein dickflüssiges Grundöl gut? Wann ist das gewünscht?
    Wo kann ich nachlesen, welcher CCS für welches Grundöl steht und für welchen Anwendunsgzweck gut ist?

    -Beim Thema VI verstehe ich nur Bahnhof, den Zusammehang begreife ich nicht.
    Ganz einfach und bewusst "Dumm" gefragt: Was ist ein VI, was macht der?
    Wo kann ich das verständlich nachlesen?

    -Pourpoint ist klar, der Punkt bei dem das Öl bei Kälte erstarrt.

    -TBN ist auch klar, das Säurebindevermögen. Je mehr, desto länger kann das Öl benutzt werden, einfach gesagt.

    -Wie hängt der NOACK mit dem Basisöl zusammen?
    Wo kann ich das nachlesen?

  • 1: Wir als "Endverbraucher", sind überhaupt nicht in der Lage ein Additivpaket einzusehen und somit zu bewerten. Wir können maximal klassisch verwendete Additive auf einer Frischölanalyse einsehen, welche einen kleinen Einblick gewähren wie sehr ein Öl auf Emmisionen oder Verschleißschutz getrimmt ist.

    2: Anhand des Flammpunktes kann man kein Grundöl festlegen. Man kann sich im Hinterkopf behalten, das desto höher die Angabe ist, wahrscheinlich auch das Grundöl gut ist. Es gibt allerdings keine genau Angabe ab welcher Temperatur X, PAO enthalten ist.

    3: CCS hoch bedeutet Basisöl "dick" und unter Umständen eventuell Vorteile wenn Kraftstoff- und Kondenswassereintrag herrscht . Das sind aber, zumindest für mich, Fakten von mittlerweile viel zu geringen Stellenwert.

    4: ganz einfach ! Ein Öl ist dick und wird mit steigender Temperatur dünnflüssiger. (wichtig dieser Prozess erfolgt nicht kontinuierlich!)
    Wenn wir ein Öl mit einem kleinen VI besitzen, kann das Öl im gesamten Konzept betrachtet zwischen der kalten Viskosität (gemessen 40Grad) und der heißen Viskosität (gemessen 100Grad) nur einen geringere Bereich abdecken, weil sich die Unterschiede drastisch verändern. (Butter wird zu Wasser)
    Öle mit hohem VI haben im Vergleich nur geringere Viskositätsveränderungen.

    5: Desto hochwertiger das Grundöl, desto geringer der NOAK. Nun lässt zählen noch die Additive dazu, die den NOAK stark beeinflussen. Es lässt sich somit hier auch keine Regelung erstellen.
    Desto geringer der Wert, desto besser hinsichtlich Ablagerungen.

  • 4: ganz einfach ! Ein Öl ist dick und wird mit steigender Temperatur dünnflüssiger. (wichtig dieser Prozess erfolgt nicht kontinuierlich!)
    Wenn wir ein Öl mit einem kleinen VI besitzen, kann das Öl im gesamten Konzept betrachtet zwischen der kalten Viskosität (gemessen 40Grad) und der heißen Viskosität (gemessen 100Grad) nur einen geringere Bereich abdecken, weil sich die Unterschiede drastisch verändern. (Butter wird zu Wasser)
    Öle mit hohem VI haben im Vergleich nur geringere Viskositätsveränderungen.

    Hier möchte ich gerne noch erweitern.

    Das Ziel der Hersteller ist, eine möglichst geringe Kaltviskosität bei gleichzeitig stabiler Heißviskosität.
    Dies sind vom Prinzip her gegensätzliche Ziele, da ein Öl einfach die Eigenschaft hat bei Kälte dicker zu werden, und bei Wärme dünner, logische Sache.
    Dieses Flüssigkeitsverhalten möchte man nun abschwächen, damit der Viskositätsverlauf von kalt zu warm flacher wird.

    Also anstatt
    80 mm²/s zu 14 mm²/s (VI = 181)
    so
    75 mm²/s zu 14 mm²/s (VI = 194)

    Umgekehrt geht es genauso
    80 mm²/s zu 14 mm²/s (VI = 181)
    80 mm²/s zu 15 mm²7s (VI = 198)

    (blau = 40°C - rot = 100°C - die Temperaturen 40°C und 100°C zum ermitteln des VI sind ein festgelegter Standard)

    Diese Viskositätsverhältnisse ergeben dann den Viskositätsindex (VI).
    Man kann nun auch Temperaturen von z.B. -10°C bis hoch zu 120°C in kleinen Abständen messen. Es gibt dafür aber auch Rechner, diese mit den beiden Standard mm²/s-Werten brauchbare Ergebnisse liefern.

    Wenn man dann die vielen Zwischenwerte hat, können damit Diagramme/Kurven erstellt werden.
    Hier mal eine Liste mit Viskositätsverläufen: klick
    Dort kann man nun sehen, wie im Laufe der unterschiedlichen Temperaturen ein Positionswechsel stattfindet, also unterschiedliche Kurven entstehen.
    Und genau solche Verläufe werden mit dem VI als einfachen Zahlenwert wiedergegeben, damit man es leichter hat.

    Man muss dabei auch verstehen, dass ein VI nicht von den unterschiedlichen Viskositäts-Bereichen abhängig ist, sondern es einfach auf das Verhältnis von Kalt zu Warm ankommt.

    Beispiel:

    95,0 mm²/s zu 16 mm²/s (VI = 181)
    80,0 mm²/s zu 14 mm²/s (VI = 181)
    66,0 mm²/s zu 12 mm²/s (VI = 181)
    52,5 mm²/s zu 10 mm²/s (VI = 181)

    Alle 4 Viskositäts-Verhältnisse haben den gleichen VI (Nachkommastelle gerundet).
    Das nennt man dann das Viskositäts-Temperatur-Verhalten.


    Wie der VI beeinflusst werden kann, was dann etwas mit den Basisölen (CCS) und VI-Verbesserer zu tun hat, wird jetzt sehr ausschweifend zu erläutern. Dazu käme, dass ein möglichst hoher VI nicht pauschal besser ist.
    Hier kannst Du dazu etwas lesen: ab hier

    Du merkst schon, dass das alles nicht mal eben erklärt ist, da es immer mehrere Aspekte zu beachten gilt.
    Und wenn man die Zusammenhänge mehrerer Parameter darstellen will, wird das sehr umfangreich.

    Nicht umsonst kann man mit einem einzelnen Themengebiet der Ölthematik eine Dr.-Arbeit schreiben. ;)
    Also wenn man es dann komplett auseinander puzzelt.